Ihnen wurde vor kurzem eröffnet, dass Ihr Kind ein neues Herz transplantiert bekommen soll. Mittlerweile kennen Sie die medizinischen Fakten, wissen um die Warteliste und haben sich ganz sicher gut informiert. Wir sorgen uns nun vor allem darum, wie Sie sich fühlen, wie es Ihrer Seele dabei geht.

Bitte hören Sie uns ein wenig zu: Ihre Gefühle sind von vielen Eltern geteilt worden, die in der selben Lage befanden wie Sie jetzt. Sie sind nicht alleine. Dieser Leitfaden setzt sich zusammen aus Fragen, aus Gefühlen und aus Antworten von Eltern, deren Kind ebenfalls ein neues Herz benötigte und die ähnliche Gefühle durchlebten wie Sie das nun tun.

 

  

Wie bekomme ich meine Gefühle unter Kontrolle?

Es ist sehr gut möglich, dass Sie nun trauern. Das wird Sie vielleicht überraschen, weil Sie Ihr Kind ja nun nicht gleich verloren haben und Ihnen der Arzt sicher erzählt hat, dass die Aussichten für Kinder mit einem transplantierten Herzen sich sehr verbessert haben. Aber Sie haben das gesunde Kind, dass Sie glaubten zu haben, verloren. Sich von diesem Ideal zu verabschieden, das ist schwierig und das kann nur ganz langsam geschehen - Stückchen für Stückchen. Trauer ist eine komplexe Menge an Gefühlen und jeder empfindet Trauer unterschiedlich. Sie können sich "durcheinander" fühlen und eine ganze Anzahl unterschiedlicher Reaktionen zeigen. Oder Ihre Gefühle könnten Ihnen ganz klar vor Augen stehen. Ihre Reaktionen auf die Nachricht Kinderherztransplantation können sehr stark sein - oder sie können langsam kommen, über einen längeren Zeitraum. Es gibt hier keine Faustregel. Jeder empfindet Trauer anders.

Sie können aber vielleicht auch Erleichterung spüren. Erleichterung darüber, dass Sie nun eine richtige, wenn auch ernste Diagonse haben und wissen, woran Sie genau sind. Diese Erleichterung ist nur zu sehr verständlich wenn Sie vielleicht schon länger nach den Gründen für die gesundheitlichen Probleme Ihres Kindes suchen mussten.

"Wir wussten, dass da etwas nicht stimmte. Er verlor immer mehr Farbe, seine Nägel wuchsen nicht mehr, er schlief immerzu und sein Gewicht wurde immer weniger. Wir waren beinahe jede Woche dreimal beim Doktor..."

"Ich glaube mein Doktor dachte schon, dass ich eine sehr schwierige Mutter sei und eigentlich gar nichts falsch war mit unserem Kind. Jetzt wissen wir endlich, was wir tun können".

Diese Erleichterung ist gut und Sie müssen sich deswegen wirklich nicht schuldig fühlen. Sie wissen nun, was Ihrem Kind fehlt und wie ihm geholfen werden kann. Das ist sehr, sehr gut und auch ein stückweit beruhigend.

 

Wie gehe ich mit dem Schock um?

Herauszufinden, dass Ihr Kind unter einer grundsätzlich lebensgefährdenden Erkrankung leidet, das kann eine sehr verängstigende Erfahrung sein. Es kann eine Weile dauern, bis diese Information so richtig angekommen ist.

"Als sie mir das erzählten, da konnte ich die Erkrankung nicht einmal aussprechen"

"Ich wusste, dass die Erkrankung ernst sein musste. Das hörte ich an der Weise, wie die Ärzte sprachen. Aber ich habe nach dem Wort Herztransplantation nicht mehr viel mitbekommen und eigentlich auch kein Wort mehr verstanden"

 

Warum bin ich so wütend?

Für viele Dinge, die uns in unserem Leben zustoßen, gibt es keine Erklärung. Und in ihrer Frustration schauen viele Menschen, wer oder was die Schuld dafür tragen könnte. Eltern können beispielsweise das Benehmen eines Menschen zu einer bestimmten Zeit als ganz fürchterlich empfinden und sehr wütend darüber werden.

"Die Art und Weise, wie er uns das erzählte, die gefiel uns überhaupt nicht. Ich werde diesen Arzt für immer hassen. Mein Baby war krank und ich wollte doch, dass es lebt!"

Gerade weil eine Herztransplantation Ihr Leben in vielen Bereichen verändern wird, wollen Sie vielleicht die Erkrankung oder die fachliche Meinung der Mediziner nicht akzeptieren. Es kann sein, dass Sie sich nach alternativen Behandlungsmethoden umschauen. Bitte bedenken Sie, dass es gut ist, sich alles anzuhören und anzusehen. Aber es ist genauso wichtig, dass Ihr Kind jetzt all das bekommt, was es zum Leben benötigt. Kinderkardiologien verfügen über eine reiche Erfahrung, um Ihrem Kind gut zu helfen.

 

Werde ich mich immer so fühlen?

Manchmal erlaubt Ihnen Ihr Schmerz und Ihre Trauer nicht einmal mehr, dass Sie sich so richtig freuen. Wenn Sie appetitlos sind, nicht mehr richtig schlafen können oder zu nichts mehr so richtig Lust haben, dann sind Sie vermutlich deprimiert. Normalerweise verschwinden Depressionen langsam, jede zu ihrer Zeit, bis Sie wieder Ihren Normalzustand erreicht haben und Sie sich wie vorher fühlen. Die Zeit, die das dauern kann, die ist von Mensch zu Mensch verschieden. Es kann Ihnen helfen, mit jemandem zu sprechen, mit dem Sie sich gut verstehen und dem Sie vertrauen.

"Ich fühlte mich richitg schuldig, weil ich so pessimistisch geworden bin - das hat ja auch andere irgendwie belastet ... das hat ungefähr zwei Jahre gedauert ... dann hörte ich jemanden sagen, dass es bei ihr fünf Jahre dauerte, bis sie mit der Situation umgehen konnte. Das hat mich wirklich erleichtert".

 

Wie wird das mein Verhältnis zu meinem Partner verändern?

Sie erleben nun eine Zeit, in der Ihre Partnerschaft belastet werden könnte. Unterschiedliche Personen, egal wie nahe sie sich stehen, reagieren ganz unterschiedlich auf schlechte Neuigkeiten und die Kommunikation könnte schwierig werden. Versuchen Sie trotzdem verständnisvoll miteinander umzugehen, aber erwarten Sie nicht, dass Ihr Partner genau versteht, wie Sie sich fühlen. Denken Sie einmal darüber nach, ob Sie sich vielleicht gemeinsam Hilfe suchen möchten. Sprechen Sie beide mit einem engen Freund, der Ihnen gut zuhört und vermitteln kann. Oder suchen Sie sich professionelle Hilfe, bei einem Psychologen, um ein wenig die Last von Ihrer Ehe zu nehmen. Vermeiden Sie es am besten, gerade jetzt große Entscheidungen zu treffen. Sie erfahren bereits genug Belastungen. Selbst wenn Sie nun umziehen oder einen großen Urlaub nehmen - Sie werden Ihr Problem mit sich nehmen.

 

Was ist mit dem Rest meiner Familie?

Einige Eltern beginnen nun vielleicht damit, einmal den Stammbaum unter die Lupe zu nehmen. Hier und da gab es vielleicht sogar schon Herzprobleme - oder Kinder, die ganz früh gestorben sind und von denen man gehört hat, dass sie immer müde oder immer ganz kalt und grau waren. Es ist gut möglich, dass diese Kinder ebenfalls einen (angeborenen) Herzfehler hatten. Es kann für manche Eltern durchaus hilfreich sein, ein gewisses Strickmuster zu erkennen. Es erscheint plötzlich nicht mehr so, als wäre es einfach nur zufällig passiert.

Andere Familienmitglieder könnten ganz besorgt damit beginnen, zu schauen, ob ihre eigenen Kinder möglicherweise einen Herzfehler haben. Die Ärzte sind die besten Gesprächspartner für diese Dinge. Wenn es sich bei der Grunderkrankung des Herzens Ihres Kindes um einen genetisch bedingten Herzfehler handelt, können Sie auch eine genetische Beratung in Anspruch nehmen. Besonders bei angeborenen Herzfehlern kann es vorkommen, dass die Großeltern ein wenig abweisend reagieren. "Diese Krankheit kann nicht von unserer Seite der Familie kommen", heißt es vielleicht. Sehen sie es ihnen nach. Auch die Großeltern müssen mit dem Schmerz umgehen.

 

Was soll ich meinen Freunden erzählen?

Was Sie Ihren Freunden erzählen, das ist eine Entscheidung, die jeder für sich treffen soll. Manche wollen lieber nicht, dass Probleme außerhalb der Familie diskutiert werden. Andere möchten nicht, dass sich ihr Kind "anders" fühlen muss als andere Kinder. Auf der anderen Seite gibt es aber auch viele Eltern, die etwas beitragen wollen, damit Herztransplantationen im Kindesalter noch bekannter werden, damit Gelder gesammelt werden und sie lassen auch keine Gelegenheit aus, um andere über Herzkrankheiten aufzuklären.

 

Wie wird das mit der Behandlung sein?

Die Behandlung eines herztransplantierten Kindes kann das Familienleben ganz schön durcheinander wirbeln. Gewohnheiten müssen umgeändert werden und das Leben wird sich ein wenig an den Therapiefahrplan des Kindes anpassen. Besondere Hygiene ist wichtig. Freunde, die zu Besuch kommen, müssen sich die Hände desinfizieren. Und sie dürfen nicht kommen, wenn sie selber erkältet sind. Auch kann man nicht zu Freunden oder Verwandten, die gerade eine Erkältung ausbrüten. Das kann vor allem zu einem großen Problem werden, wenn gleich mehrere kranke Kinder in einer Familie leben.

Sollte das bei Ihnen der Fall sein, dann kämpfen Sie bitte nicht mit dem Unmöglichen. Es gibt Menschen, mit denen sie reden können und Hilfen, auf die Sie einen Anspruch haben, während Sie sich mit den neuen Gegebenheiten zurechtfinden müssen. Wann immer ein besonderer Druck auf Familien ausgeübt wird - sei es finanziell, gesundheitlich oder psychisch - gibt es auch die dazugehörige Hilfe unserer Gesellschaft. Und wir helfen Ihnen ebenfalls gerne (Tel. 02 02 / 7 99 91 80).